Nachlese
Wenn Blumen lebendig werden
Wenn die Lichter im Saal verlöschen und Christoph Bochdansky mit einer Aufführung beginnt, sollte man ganz schnell alles vergessen, was man von Theater, speziell von Figurentheater weiß oder erwartet. Denn seine Welt ist ein einzigartiger und ausgesprochen bezaubernder Ort. Diesmal befand sich dieser Ort im Seekirchner Emailwerk, er kam nicht allein, sondern mit Klemens Lendl und David Müller, besser bekannt als "Die Strottern". Die drei verbindet eine lange Freundschaft und Zusammenarbeit, vielleicht weil sie alle einen Hang zum Geschichtenerzählen haben, nein mehr noch, ein unglaubliches Talent dazu. Der eine mit selbst erfundenen und gebauten Figuren, die anderen beiden mit Poesie, Musikalität, Geige, Gitarre, Harmonium und mit einer Tiefgründigkeit, die seinesgleichen sucht.
"Die Blumengeschichte", die hier zur Aufführung kam, erzählt von einer der schönsten Blumenwiesen, so schön, dass es gar nicht schöner geht. Darin leben zwei kleine Blumen: Lilli und Camelii. Letztere wächst nahezu ins Unendliche, zur Sonne will sie hinauf. Die Geschichte nimmt ihren Lauf, ins Spiel kommen ein Blütenmeer, ein monströser Fisch mit Riesenmaul, der Lilli versehentlich verschluckt, und es gibt eine Fee, die alle Beteiligten zu einer Tasse Kakao einlädt.
Es ist leicht, sich in die Fantasie von Christoph Bochdansky (der von sich sagt, er hätte keine...) hineinziehen zu lassen, da seine Stücke auf geschickte Weise ein mystisches Gefühl für das Universelle erzeugen. Er verbindet die Elemente sicher durch die uralte Form der Puppe. Doch obwohl das Abenteuer wie alle erzählten Geschichten in der Vergangenheit verwurzelt ist, durchbricht es auf spannende Weise die Zeitgrenzen, indem es uns in eine aufregende bunte neue Welt verführt. Das ist fesselnd, für Kinder ebenso wie für Erwachsene, zieht einen in den Bann und hält die Aufmerksamkeit aufrecht. Es ist, als ob sich zwischen Fantasie und Realität eine alternative Erzähldimension bildet, in der sich die Blumen auf eine Reise begeben, um ihr Dilemma zu bewältigen.
Ständig werden neue Räume und Orte durch ein täuschend kompliziertes Bühnenbild geschaffen, das sich mühelos verwandelt und dennoch alle Requisiten und Kulissen in sich verbirgt. Dazu die beflügelnde Musik der Strottern, die nicht nur das Orchester abbilden, sondern auch Teil der Geschichte selbst werden und mit Bochdansky und seinen Figuren interagieren. Außergewöhnlich, charmant, klug und mit sensibler Relevanz ist "Die Blumengeschichte" eine großartiges Märchen, wunderschön gestaltet und bildreich erzählt.
(lf)