Nachlese

26.01.2019 18:34 - Uhr

Wehret den Konventionen

Die gute Nachricht vorweg: Das Wienerlied ist international. Das ist jedenfalls den musikalischen und persönlichen Interpretationen des Trio Lepschi zu entnehmen, die den zweiten Abend des Miniaturfestivals "Wiener.Lied.Gut." auf der Bühne des Emailwerks Seekirchen gestaltet haben. Vehement stehen sie hinter dieser These - es werden überall auf der Welt Wienerlieder geschrieben, in Frankreich, Spanien, Portugal (übrigens die überzeugendste Beweisführung mit dem "Bossa Lobao") und das hat auch Auswirkungen auf die Völkerverständigung: Wenn man Wienerisch kann, beherrscht man so gut wie alle Weltsprachen. Dazu zählen auch zwei der wichtigsten Gebärdensprachen, die Michael Kunz und Martin Zrost überzeugend dem Publikum nahebringen.

 

Genau diese Ernsthaftigkeit zog sich durch den ganzen Konzertabend, machen ist an Absurdität nicht zu überbieten. Der ganze Abend war von Beginn an als Quiz ausgelegt, durch rege Beteiligung, Beantwortung spezifischer Fragen und mutiger Darbietung von Schüttelreimen konnte man eine CD gewinnen, derer viele von der Bühne ins Parkett wanderten. Dazwischen wurden Lieder dargeboten, die dem Absurden mehr als gerecht wurden. Um nur einige der darin verpackten Botschaften zu erwähnen: "Die Welt geht vor die Hunde, der Hund geht vor die Welt", "Wir lehnen Zimmerpflanzen ab, die saufen uns das Wasser weg und machen Schatten", Die Natur muss dem Menschen folgen, nicht der Mensch der Natur" (diese vom amtierenden Innenminister proklamierte Formel wurde übrigens auf so gut wie alles angewendet), "Verbiats as - Alles wos net olle woin, des brauch ma nimmermehr", usw. usw. Dazwischen wurde (auch mit dem Publikum) gedudelt, gejodelt, eine Kostprobe: "Duihoismaridlo" (übersetzt "Du, ich hole die Maria ab"), es wurden französische Rezepte zum Mitschreiben gesungen, alles abseits jeder Konventionen. Dass sich dann zwei wunderschöne Balladen in dieses humorbetonte Programm hineinschwindelten ("Herbstlied" und "Tunnel") goutierte das Publikum mit frenetischem Applaus.

 

Doch zuletzt sei festgehalten: Mit der Tradition des Wienerliedes hat die Musik von Trio Lepschi nichts zu tun - oder besser gesagt: Nichts am Hut. Ein schlauer Kritiker sagte einst über diese Geniale Trio und deren Musik: "Das nichts anderes als der Sound der Stadt, wie er in der Gegenwart höchst erfolgreich ertönt - im Klang sehr facettenreich, immer mit einer leichten jazzigen Note, einer Prise Soul, einem gewissen Hang zum modernen Liedermachertum und verwoben mit vielen Einflüssen aus genrefernen Stilen." Dass Stefan Slupetzky (Gesang, singende Säge), Martin Zrost (Komposition, Arrangement, Gesang, Gitarre, Klarinetten) und Michael Kunz (Gesang, Gitarre, Nasenflöte) musikalisches Handwerk auf höchsten Niveau bieten, die Lieder alle selbst komponiert werden und, dass (nach eigenen Aussagen) 97,3% aller Texte aus der Feder von Literat Stefan Slupetzky stammen, sei hier besonders erwähnt und betont.

 

Trotz der kabarettistischen Note des Programms - wer genau hinhörte, nahm auch einige tiefsinnige Botschaften mit, zwischen Melancholie und wienerischem Grant. Die Weisheit des Wienerischen ist halt manchmal gut verpackt....

(lf)