Nachlese
Warum brauchen Kinder Theater?
Seit mehr als 6 Monaten probten 12 Kinder und 11 Jugendliche des Theaterjugendclubs der Kunstbox Seekirchen unter der Leitung von Lydia Nassall. Das Ziel: Zwei Theaterstücke auf die Bühne zu bringen: Die Jüngeren an einem Stück mit dem Namen "Das geheime Hexenfest", die Jugendlichen ab 11 Jahren in Zusammenarbeit mit drei Erwachsenen an dem bekannten Stück "Die Welle" (siehe die Rezension von Markus Weilch auf unserer Nachlese-Seite).
Ende April war es nun so weit, jedes der Stücke wurde zwei Mal aufgeführt. Der Erfolg: Begeisterung bei den Akteuren und Akteurinnen, tiefe Bewunderung bei den Besucher*innen. Ich werde aber hier nichts über die Stücke selbst schreiben, sondern eine Brücke zum Theaterspiel selbst bauen und die Dinge beleuchten, die das Theaterspiel von Kindern so faszinierend und gleichzeitig wertvoll macht. Ich möchte mich mit den Auswirkungen des Kindertheaters befassen und wie es die Fantasie durch Geschichtenerzählen und Aufführungen entfacht.
Warum brauchen Kinder Theater? Haben Sie Ihr Kind jemals gefragt, was es denn gerne sein möchte, wenn es erwachsen ist? Und haben auch sie schon einmal die Antwort zurückbekommen: "Schauspieler(in)"?. Ehrlich gesagt ist es nicht so schwierig zu verstehen, warum. Schauspielerei ist wie vortäuschen, und Kinder lieben es, so zu spielen und nachzuahmen, was sie in der Welt um sie herum sehen! Das Erlernen des Schauspielens, Singens und Tanzens setzt für jedes Kind Ressourcen frei, die mächtig sein können. Theater-Workshops wie jene von Lydia Nassall helfen Kindern zu lernen, zu spielen und zu wachsen, indem sie die Geschichten anderer erkunden. Die Rolle eines anderen Charakters zu spielen, drängt Kinder, sich vorzustellen, wie das Leben wäre, wenn sie jemand anderes wären. Dies hilft, ihre Vorstellungskraft und kreative Reaktion zu erzeugen und Empathie im Kind zu kultivieren. Also Kreativität und Fantasie wären schon mal zwei dieser Ressourcen.
In einer solch kreativen Produktion mitzuwirken, hilft Kindern, mehr über Teamarbeit und Verantwortlichkeit zu erfahren, da die Besetzung wirklich zur gesamten Gruppenarbeit beitragen muss. Da alle in der Besetzung zusammenarbeiten, gibt es ein gemeinsames Ziel, das geschaffen wird - eine fantastische Show, ein fesselndes Theaterstück. Wenn ein Kind sieht, wie andere hart arbeiten, um sich an Zeilen zu erinnern und in den Charakter zu kommen, wird es sich gezwungen fühlen, mit der gleichen Menge an harter Arbeit und Hingabe zu liefern.
Kinder finden es oft schwierig, sich in einer Gruppe zu äußern und gleichzeitig ihr Selbstvertrauen zu bewahren. Dies ist völlig verständlich, da dies eine neue Fähigkeit ist, die kultiviert werden muss. Theaterspielen kann selbst den schüchternsten Kindern helfen, ihre innere Tapferkeit zu finden. Egal, ob sie Teil eines Theaterstücks, einer Schauspielwerkstatt oder einer Chorwerkstatt (auch das gibt es im Emailwerk) sind, je mehr Zeit sie mit Schauspielen und Aufführungen verbringen, desto mehr steigt ihr Selbstvertrauen. Das Beste daran, Vertrauen durch Theater aufzubauen, ist, dass Kinder diese unglaublich nützliche und notwendige Fähigkeit in so viele andere Aspekte ihres Lebens einbauen können.
Der Regisseur und Autor Anthony Clark beschreibt das mit seinen Worten so: "Kindertheater ist Theater, das die Erfahrung von Kindern, bewusst und unterbewusst, als Inspiration für seine Schöpfung nutzt. Es ist Theater, das auf den Wunsch in jungen Menschen reagiert, erzählt zu werden, und im Fall vieler Jugendtheater, Geschichten zur Unterhaltung zu erzählen und unseren Platz in unserer unmittelbaren Umgebung und der Welt im Allgemeinen besser zu verstehen. Ein Stück Drama bietet seinen Schöpfern und dem Publikum die Möglichkeit, die Lebenserfahrung in einer sicheren Umgebung zu proben, und erfüllt als solches eine wichtige Funktion in der Entwicklung jedes Kindes".
Unser Fazit: Was könnte besser sein, als eine Aktivität anzubieten, die es Ihren Kindern ermöglicht, zu lernen und zu wachsen, während sie spielen? Diese beiden Stücke haben nicht nur viele Besucher*innen begeistert, sie haben auch in dem einen oder anderen Kind vielleicht eine Flamme entfacht, die "spiel"entscheidend sein kann in seinem weiteren Lebensweg. Lydia Nassall gebührt hier großen Dank und Anerkennung, mit welcher Leidenschaft und gleichzeitig Feinfühligkeit sie dies Kinder und Jugendlichen durch diese letzten Monate geführt und gelehrt hat.
Danke.
(lf)