Nachlese
Und sie kamen mit Wucht!
Manchmal scheint es, man ist zur falschen Zeit am falschen Ort. Bis sich herausstellt – alles ist goldrichtig. Die drei Damen, die sich bei einer Terrorwarnung plötzlich zusammen eingeschlossen in der Flughafentoilette finden, verbindet augenscheinlich nichts. Die eine steht mit einem Bein im Milieu, hat ein Kind von einem versifften Macho und zu viele Pornos gesehen. Die zweite war auf der trotzigen Flucht vor der eigenen Familie und lässt das Christentum für ihr verkorkstes Elternhaus geradestehen. Die dritte wäre wohl lieber als Mann und Cowboy auf die Welt gekommen und scheint sich zumindest Zweiteres realisiert zu haben. In kurz – drei mehr oder weniger gestrandete Existenzen kommen sich angesichts des drohenden Bombentodes näher und sehen nach der gebannten Gefahr ein gemeinsames Zukunftskonzept: Die Verbreitung von Panik!
Das Stück „Demut vor deinen Taten Baby“ von Lara Naumann ist unheimlich komprimiert und kurzatmig. Die Dialoge sind hitzig, das Spiel äußerst kraftvoll und schnell. Die drei Darstellerinnen des Theater Chronos, Magdalena Köchl, Jana Niederberger und Luise Grell spielen ihre Rollen keck, ja geradezu ungezügelt und treffen damit genau den Kern der Geschichte. Wer in Clubs oder Supermärkten Schein-Terroranschläge inszeniert, dem steht Demut und Bescheidenheit nicht gut zu Gesicht. Und so lautet das neue Erfolgskonzept gegen soziale Trägheit. Die drei tragen ihre Panikerfahrung aus der Flughafentoilette als Veranstaltungskonzept in das Land, versetzen die Menschen in Angst und Schrecken und erinnern sie damit an die eigene Sterblichkeit und an den Wunsch zu leben. Was als geschmackloser Scherz dreier frustrierter Madonnen anmutet, eskaliert zum landesweiten Hype und Geldregen. Die Protagonistinnen Lore, Betty und Mia mutieren zu Superstars, bleiben selbst aber auch etwas auf der Strecke. Ihr Panikkonzept wühlt sich durch die Gesellschaft, das Gefühl, dem Tod entronnen und die Freiheit des Lebens wiedererlangt zu haben, ist erlösend und allumfassend. Dennoch blitzen durch die selbstbewussten Fassaden der drei Frauen immer wieder die Geister der eigenen Vergangenheit. Eine noch so prägende Erfahrung ersetzt nun mal kein Leben.
Die herrlich unverschämten Texte und das ausdrucksstarke, stellenweise wuchtige Spiel und der scharfe Witz bereiten dem Publikum einen packenden, kurzweiligen, ja fast zu kurzen Abend. Ein herzliches Danke an das Ensemble für den fetzigen Abend!
(mw)