Nachlese
…und immer ein bisschen peinlich berührt.
Da ist er wieder! Super-Edi, der Jäger des verloren geglaubten Humors, der Prinz der Stand-Up-Comedy. Nach gefühlt vier Virus-Varianten kam auf der Bühne des Emailwerks wieder Bewegung in die Zwerchfelle. Es durfte gelacht werden, Wahl hatte Mann ohnehin keine. Jäger ist auf der Jagd nach den vielerorts grotesken Auswüchsen der Alterspubertät.
Zwei Stunden prügelt er mit einem Stakkato an Pointen auf die mehrheitlich im Publikum vorhandenen Ü45er ein. Es gab kein Entrinnen. Selbst jene, die ob der steifen Glieder noch zu einigermaßen flüssigen Bewegungen fähig waren, blieben auf ihren Sitzen kleben und starrten auf einen furiosen Jäger wie eine senile Maus in die Augen einer Königskobra. Sie laufen Marathon? Der Porsche ist schon bestellt? Ihre Zeiteinheiten sind nicht Tage sondern die Spannen von einem Urologen-Termin zum nächsten? Die Lesebrille saugt den letzten Rest Jugend aus ihrem Gesicht? Herzlich willkommen im Beuteschema von Jäger und seinem Programm „Es ist nur eine Phase, Hase“. Aber gleich, wie erbarmungslos Jäger das Klischee des alterspubertierenden Mannes auch ins Visier nimmt, Mann muss lachen, dass der Kalk von der Schädeldecke rieselt und die Frau an seiner Seite gibt seit geraumer Zeit ohnehin nur noch gequält gurgelnde Laute von sich, während ihr die Tränen über die botoxjustierten Wangen rinnen. Selbst Gott musste zugeben, dass es alle im Himmel fast zerrissen hat, als er Broccoli, den Jakobsweg und die Alterspubertät erfunden hat. Was für ein Spaß.
Die Gäste, die der Einladung des Lions Club Seekirchen zu dieser Benefizveranstaltung gefolgt sind, sorgten für zwei ausverkaufte Vorstellungen und erlebten einen völlig entfesselten Edi Jäger in Höchstform. In „Es ist nur eine Phase, Hase“ gibt es keine ruhige Minute. Keine Zeit für Mann, sich in seinem Bau zu verkriechen und seine Wunden zu lecken. Jäger feuert eine humorvolle Situation nach der anderen ins Auditorium, die Pointen stapeln sich zeitweise übereinander, weil nacheinander kein Platz mehr ist. Der völlig überforderte Veteran, der im Pyjama versucht, einer zu lauten Party Herr zu werden. Der Mid Ager, der im türkischen Hammam zum Spielball des knetenden Bademeisters wird. Der wellnessgenötigte Ehemann, der im Thai-Massage-Kabuff in Erwartung der jungen und zierlichen Pom stattdessen Opfer des elefantösen und gewaltbereiten Tom wird. Das grauhaarige Häuflein Elend, das während der Prostatauntersuchung noch ein letztes Mal aufzuckt wie der Aal in der Pfanne.
Einmal mehr ist es Jägers Triumvirat der Talente Mimik – Gestik – Sprache, die die Geschichten und ach so fiktiven Erlebnisse des Torschlussmannes dermaßen bildhaft beschreiben, dass man Acht geben musste, um nicht vor Lachen am Sitz zu kollabieren, wenngleich im Publikum da und dort schon erste Anzeichen von Hyperventilation hörbar wurden. Ein großartiger Edi Jäger inszenierte den Gästen im Emailwerk und Spendern der guten Sache des Lions Club Seekirchen einen wortwörtlich atemberaubenden Abend und man kann mit Fug und Recht behaupten, dass sich davor noch kein Publikum kollektiv so in die Hose gemacht hat. Quod erat demonstrandum!