Nachlese
Seelenbrüder
Was soll ein Rezensent schreiben über ein Duo, über das er schon mehrmals geschrieben hat? Ich habe meine Texte aufmerksam gelesen, der erste ist datiert mit 28.2.2015, damals gastierten BartolomeyBittmann das erste Mal im Emailwerk Seekirchen, Folgeauftritte ebendort waren garantiert, so begeistert waren Veranstalter und Publikum. Die Rezension war euphorisch, die folgenden ebenso. Was also schreiben, wenn die beiden Ausnahmemusiker ein Best Of Programm zum Besten geben. Steigerung? Musikalisch schon nicht mehr möglich, der Perfektionszenit ist lange schon erreicht. Dennoch der Versuch einer Rezension.
Bei Geige und Cello denkt man an klassische Musik, an Streichquartette, an Bach, Vivaldi, Paganini, an Yehudi Menuhin, Pablo Casals, Rostropovich und viele mehr. Doch diese beiden Streicher bergen noch mehr Magie in sich, Magie, die mit ihren Kompositionen freigesetzt wird, mit neuen Klängen, seltsameren Klängen, irgendwie komplexer, mehrstimmig, verzerrt, gequält, irgendwie passender für diese seltsamen Zeiten, in denen wir leben, voller Luxus, Qual und Unmenschlichkeit, voller Schönheit, Sensibilität und Horror. Musik in Zeiten wie diesen muss erzählen. Dem wird die Musik von Klemens Bittmann und Matthias Bartolomey mehr als gerecht.
Sie klingen wie Seelenbrüder auf der Bühne, von Anfang bis Ende des Konzertes von unglaublicher Kraft und Intensität. Die beiden Künstler laden das Publikum in ein Klanguniversum ein, das schön und dunkel ist, anziehend und bedrohlich zugleich, als ob der Zuhörer verführt würde, verbotenes Gebiet zu betreten. Sie schaffen Spannung, Vorfreude, Anspannung, aber auch wilde Momente der Erleichterung, sie schaffen lange hypnotische kontrapunktische Flüsse in der Nähe eines tonalen Zentrums. Sie schaffen Momente der Verzweiflung, der Agonie und des Untergangs. Sie schaffen Klänge mit Raffinesse, Sensibilität und Präzision.
Dies ist zweifellos eines der kohärentesten und kraftvollsten musikalischen Programme, die dieses Jahr auf die Bühne des Emailwerks gefunden haben.
Kein Best Of. Ein Meisterwerk.
(lf)