
Nachlese
Pop-Up-Abend mit Prädikat „Wödklasse“
Da stehen sie, die Damen und Herren, die sich zusammen NAKED NOTES nennen, und die Bühne funkelt in Goldtönen. Zuerst rein optisch, aber wenn die Stimmen durch die Mikros ziehen, kleidet sich auch die Luft in Edelmetall. Die musikalisch gestellte Eingangsfrage „What’s Going On“ ist rein rhetorisch zu verstehen, denn bereits der erste Song beantwortet, was an diesem Abend abgeht. Stimmgewaltiger und niveauvoller Pop mit dem Unterhaltungswert einer Las-Vegas-Show erwartet die Gäste des brechend vollen Saals im EmailWerk. Yeah, Baby – Ignition!
Anschließend zieht Stevie Wonder genüsslich von der Bühne und umschmeichelt, von leichten Hüftschwüngen angetrieben, die Zuhörer. Sir Duke soult durch die Reihen, und man versinkt weich in seinem Sessel, zugedeckt von fein abgestimmten Vocals. Mit „Words“ und „Valerie“ lässt das Ensemble zwei weitere Goldstücke aus der Pop-up-Prägeanstalt in das Publikum gleiten. Besonders ans Herz geht es dann mit „Hide And Seek“ von Imogen Heap, so wunderbar weich und feinfühlig interpretiert, dass man sich nach vorne lehnt und den Kopf verträumt auf die Hände stützt. In dieser Position verweilt man dann auch, denn mit „How Deep Is Your Love“ löst ein Seelenschmeichler den anderen ab. Chorleiter Richard Griesfelder meint es nicht wirklich böse, wenn er sein Ensemble unmittelbar danach mit „Kana was Warum“ eine 180°-Kehrtwende vollziehen lässt. Es ist eher seine schelmische Art, das Publikum wissen zu lassen, dass man sich bei den NAKED NOTES darauf verlassen kann, sich auf nichts verlassen zu können. Ein hyperschnelles Wortstakkato prasselt auf das Publikum nieder, so präzise gesetzt, dass es einem den Atem verschlägt.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch an solistischen High-End-Performern in den Reihen des Ensembles wahrlich kein Mangel herrscht. Im Gegenteil: Je nach Charakter des Stücks und erforderlicher Stimmlage holt Griesfelder bei vielen Arrangements seine Sänger:innen ins Rampenlicht – und dann geht so richtig die Post ab. Wer Chor sagt, muss auch Solo sagen – und ja, sie können es, jede:r Einzelne!
Was in der ersten Halbzeit als loderndes Feuer begann, wird in der zweiten Hälfte des Abends zu einem regelrechten vokalen Flächenbrand. Mit „Let Me Entertain You“ und „Uptown Funk“ brechen die Dämme auf der Bühne und im Publikum. Ab jetzt steht das Thermometer auf Anschlag, und die Sänger:innen laufen zur Höchstform auf. Da nützt es nichts mehr, wenn Griesfelder mit „Broken“ und „I Can’t Make You Love Me“ versucht, etwas Heilsalbe auf die wundgeklatschten Hände zu streichen – der Saal kocht. Ein Song wie „Apologize“ wirkt da nur noch als Brandbeschleuniger, und bei Queens „Somebody To Love“ (inklusive vokalem Gitarrensolo) samt nachfolgendem „Bad Guy“, spielen die NAKED NOTES ein weiteres Mal ihr Pik-Ass aus – die gekonnte Verknüpfung von genialem Gesang und mitreißender Choreografie.
Wir fassen den Abend zusammen: Standing Ovations & „Wödklasse“! Und dass das Ensemble mit der zweiten Zugabe „I’m Confident That I Am Insecure” das Publikum noch einmal richtig aus dem Häuschen holt... naja – wie gesagt: „Wödklasse“!
(mw)