Nachlese
Hand- und Mundwerk vom Feinsten
Ja, ich gebe zu, ich habe nicht alles verstanden, was Philipp Lingg bei seinem Konzert im Seekirchner Emailwerk musikalisch erzählt hat. Und ja, er ist ein Meister-Geschichtenerzähler, bewaffnet mit seinen Songtexten und seiner Bühnen-Persönlichkeit - sein Engagement für das Gespräch mit dem Publikum verkörpert den offenen Geist des Singer-Songwriters. Da macht es nichts, wenn man als gelernter Salzburger hauptsächlich die englischen oder hochdeutschen Texte versteht, denn Philipp ist gewohnt, außerhalb seiner Heimat Vorarlberg mit dem Konzertbesucher*innen Vokabeln zu üben und zu übersetzen. Zu Recht, denn während wir dem bayrisch-österreichischen Sprachraum angehören, pflegen die Vorarlberger ihre alemannischen Dialekte, die ähnlich wie "Schwyzerdütsch" klingen. Dabei gibt es "Vorarlbergerisch" als Sprache gar nicht. Jedes Tal, ja bisweilen jede Gemeinde, hat ihre sprachlichen Eigenheiten und Färbungen. So viel zur Sprache.
Jetzt zum Sound. Es ist nicht nur perfektes Handwerk, wenn drei Musiker sechs Instrumente bedienen, sondern ein ganz besonderes akustisches Erlebnis. Immer wieder huscht der Blick der Hörenden von Einem zum Anderen - wo kommt nun der Bassklang eigentlich her? Ist es Christoph Matekas Geige mit Oktaver oder Philipp mit dem Akkordeon oder Martin Grabher, der mit einer Hand das Schlagzeug bedient und mit der anderen das Keyboard? Wen das nicht interessiert, hört einfach nur zu und wird reichlich belohnt mit einem vielschichtigen Sound, drängenden Rhythmen und berührenden Songs aus Linggs Feder.
"Flick doch endle min Herz" singt er schmerzerfüllt, weil sein Herz gebrochen ist, dann empfiehlt er den Zuhörer*innen "Bier, Rum und Bananas", die fröhlich mitsingen, obwohl sie keine einzige Textzeile verstanden haben. Allen Schönheitschirurgen von Vorarlberg bis Kentucky widmet er auch ein Lied: "Nase zu hoch, Brust zu klein", immer mit einem Augenzwinkern ohne erhobenen Zeigefinger. Auch Zartes gibt es: "Arwachat", ein Wechselspiel der Gefühle. Philipp Lingg versteht es, mit einer Mischung zwischen Lied und Gespräch jede Publikumsbarriere zu brechen und damit der Show eine Intimität zu verleihen, als fände sie im eigenen Wohnzimmer statt. Manche hielt es aber nicht am Sofa, es wurde auch getanzt.
Fazit: Man nimmt den sympathischen Musikern ihr Motto nicht nur ab, sondern geht nach so einem Konzert inspiriert nach Hause: Es lebe die Lust, die Liebe und die Leidenschaft zur Musik. Hand- und Mundwerk vom Feinsten.
(lf)