Nachlese

28.10.2019 09:50 - Uhr

Genau so einfach kann es sein.

Im Allgemeinen heißt es ja, je besser sich ein Künstler auf sein Fach versteht, desto weniger Aufhebens macht er davon. Wobei diese Regel oftmals von allerlei Allüren der handelnden Personen ad absurdum geführt wird. Rudi Katholnig und Hans-Peter Steiner (gemeinsam das Accordeon - Saxophon Project) sind da ganz vom alten Schlag. Der Soundcheck dauert eine halbe Minute („die Akustik ist super“), danach gehen die beiden noch gemütlich etwas essen, schlagen fünf Minuten vor Veranstaltungsbeginn wieder auf, stellen sich auf eine vollkommen leere Bühne (noch nicht mal Sessel) und beginnen zu spielen. Oha – da ist aber schlagartig Schluss mit der liebenswerten Zurückhaltung von vorhin…

Nach einer leichten Träumerei zu Beginn drängt sich beim zweiten Stück eine musikalische Anmutung in den Vordergrund, die irgendwo zwischen Klezmer und Jazz zu liegen scheint. Es folgt eine sehnsuchtsvolle Ode an ein frisches Bier, die ihren Ursprung in den Höhen rund um La Paz hat. Katholnigs Finger bewegen sich mit einer Schnelligkeit über die Knöpfe des Akkordeons (übrigens eine Spezialanfertigung, wie er ganz nebenbei erwähnt), dass sie teilweise nicht mehr zu verfolgen sind. Bei Steiner wird es ebenfalls zunehmend schwierig, die improvisierten Passagen vom Notenspiel zu trennen, denn Noten verwenden die beiden nicht, dennoch sitzt jeder Ton wie einzementiert. Es folgt ein Tango von Astor Piazzolla, dem Großmeister des Tango Argentino. Er hätte sich keine besseren Interpreten wünschen können.

Katholnig und Steiner unterrichten Ihre Instrumente an einer Kärntner Musikschule, vielleicht ist die betont unbekümmerte Lesart ihres Auftrittes dem Umstand geschuldet, dass Ihre Profession manchmal ein deutliches Maß an Durchsetzungsvermögen erfordert – wer weiß. Auf der Bühne steht sie jedenfalls in krassem Gegensatz zum unfassbar beziehungsreichen Sound, den die beiden Musiker mit jedem Stück neu entfesseln. Zwei Höhepunkte hinsichtlich Tempo und Komplexität bildeten sicher die musikalische Beschreibung eines indischen Festes für Frauen und Kinder und eine Eigenkomposition mit dem Titel „Scotty Beam Me Up“.

Wie viele Auftritte so ein Sopransaxophon wohl überdauert bevor es die Tasten streckt? In jedem Fall haben die beiden sympathischen Herren die Vorstellung der Grenzen dessen, was zwei Instrumente unter richtiger Führung leisten können, deutlich erweitert. Toller Abend, toller Sound, tolle Menschen – it’s as simple.

(mw)