Nachlese
Gefährlich. Elektrisierend.
Am 23. März 2019, just am Geburtstag des Psychologen und Lyrikers Erich Fromm, gaben BartolomeyBittmann ein Release-Konzert ihres neuen Albums "Dynamo" im Emailwerk Seekirchen. Was das mit Erich Fromm zu tun hat? Während ich die beiden Virtuosen bei der Arbeit beobachtete, kam mir eines von Fromms Zitaten in den Sinn: "Die Vitalität selbst ist das Resultat einer Vision. Wenn es keine Vision mehr gibt von etwas Großem, Schönem, Wichtigem, dann reduziert sich auch die Vitalität der Menschen." Das ist es auch, was das Gesamtkunstwerk BartolomeyBittmann ausmacht: Eine dynamische Vitalität, ein gellender Schrei unbändiger Lebenskraft, geprägt von Schönheit, Kreativität und handwerklicher Fertigkeit, geboren aus der Vision, etwas Großes - nein - etwas Größeres zu schaffen im Reich der zeitgenössischen Musik.
Das neue Programm trägt den Namen der CD: DYNAMO. Das Prinzip eines Dynamos besteht darin, dass eine Strömung von elektrisch leitfähiger Materie in einem Magnetfeld elektrische Ströme induziert. Soviel zur Physik. Im Falle BartolomeyBittmann ist der Dynamo eine gigantische Klangmaschine, bestehend aus Saiten, die wie Adern funktionieren. In ihnen pocht und pulst es, die Maschine erzeugt atemberaubende Läufe, die ineinander verwachsen, dann selbstbewusst autonom solistisch davoneilen, um dann vom Gegenüber wieder eingeholt, gestellt und zu einem Klang diszipliniert zu werden. Dabei entsteht ein Strom an unterschiedlichen Klängen, Tempi und Farben. Diese expotentielle Dynamik sorgt dafür, dass die Musik wie Nebelschwaden ins Hirn kriecht, das Trommelfell überwindet, sich einnistet in der primären Hörrinde unsers Gehirns, wo dann eine Perlenkette an Assoziationen ausgelöst werden. Das ist das Glück des Hörers, wenn er sich auf BartolomeyBittmann einlässt. Hohes Suchtpotenzial. Gefährlich. Elektrisierend.
(lf)