Nachlese

16.10.2024 10:00 - Uhr

Eine Einladung zum Treibenlassen

Wir haben das Entschleunigen verlernt. Das ist keine trendige Binsenweisheit, es ist Realität. Schenken sie jemandem eine ganze Stunde Nichtstun und wenn sie damit an den Falschen kommen, bekommt der Beschenkte Beklemmungen und fängt an zu hyperventilieren.

Tobias Pötzelsberger & Band schenken dem Publikum einen entschleunigten Abend. Der Sound der Formation legt sich über die Nervenenden wie Wundbalsam über einen Kratzer auf der Haut - er tut einfach gut. Die Instrumente gehen in wunderbaren Harmonien miteinander auf, Pötzelsbergers Stimme ummantelt das Klangbild und verstärkt es in die gewünschte emotionale Richtung. Und da kommen im Lauf des Abends doch einige zusammen. Stimmlich präsenter Folk, sensibler Rock, schmeichelnde Popsongs, die Arrangements haben trotz ihrer Verschiedenheit einen gemeinsamen Nenner, sie berühren den Zuhörer, die Zuhörerin auf sehr anmutige, ja nahezu unaufdringliche Weise.

Bei vielen Bands hat man als Konsument das Gefühl, man bekommt, gerade was Eigenkompositionen betrifft, etwas beigebracht, man muss im schulischen Sinn den Sound verstehen lernen, um dabei zu sein. Bei Tobias Pötzelsberger & Band – namentlich Keyborder Lukas Froschauer, Bassist Fabian Holoubek und Schlagzeuger David Eibl hat man diesen Eindruck keinen Augenblick. Die Band setzt zu einem Stück an und noch im gleichen Takt schwimmt man mit den Musikern auf der gleichen Welle. Auch wenn man es nie wirklich erriet, hatte man als Gast im ausverkauften Emailwerk das Gefühl zu wissen, was als nächstes kommt. Dieses Einverständnis zwischen Band und Publikum prägte den ganzen Abend durch so vielgestaltige Stücke, wie ein atmosphärisches "Collide", ein rhythmisches "Home", ein verliebtes "The Moon" bis zum rockigen "Oh Santiago".

Bei vielen Songs ergeben sich besonders berührende Momente, wenn die Gruppe zugleich die Stimmen erhob und ihre Musik mit ergreifenden, vokalen und perkussiven Szenarien ausgestaltete. Am Ende des Konzerts konnte man sich des Gefühls nicht erwehren, man ist mit sich im Gleichgewicht und das Leben ist schön. Das soll der Band mal jemand nachmachen!

(mw)